Gemeinsamer Auftakt aller SmartLivingNEXT Projekte.
21. März 2024
Lesedauer:
15 Minuten
Am 14. März 2024 traf sich die SmartLivingNEXT-Community zur Auftaktveranstaltung im Forum Digitale Technologien in Berlin. Mehr als 80 Expertinnen und Experten der Gebäudeautomations- und Digitalisierungsbranche, der Wissenschaft und der Wohnungswirtschaft nahmen daran teil. Mit fast 60 Konsortialpartner-Organisationen entsteht der bislang größte Forschungsverbund im Bereich Smart Living.
Eröffnet wurde die ganztägige Veranstaltung von Michael Schidlack, Forschungsvereinigung Elektrotechnik beim ZVEI e. V. und Konsortialleitung des SmartLivingNEXT Leitprojekts. In seiner Auftaktrede betonte er die Möglichkeiten und Chancen des geteilten Datenraums für Wohngebäude und begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, darunter auch Dr. Klaus Glasmacher, den Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), das das Technologieprogramm mit 25 Mio. Euro fördert. Mit SmartLivingNEXT entstehe ein digitales Ökosystem, das die sichere und herstellerübergreifende Datenverfügbarkeit und -nutzung für Wohngebäude ermögliche und die Entwicklung nachhaltiger Smart-Living-Services beschleunige, so Glasmacher. Er wünsche sich, dass das SmartLivingNEXT-Modell nach Ende der Förderphase im deutschen und auch im europäischen Raum Akzeptanz findet.
SmartLivingNEXT Leitprojekt stellt allen Projekten nützliche Infrastruktur zur Verfügung
Wie diese Vision konkret in der Realität organisiert und umgesetzt werden soll, wurde anschließend von Michael Schidlack präsentiert. Mit dem SmartLivingNEXT Dataspace erhalten alle Marktteilnehmer einen einfachen und standardisierten Zugang zu Smart-Living-Daten. Diese Daten können in ihren Ursprungssystemen verbleiben und stehen unter der Kontrolle derjenigen, die über das Verfügen bzw. Nutzen der Daten berechtigt sind. Das Leitprojekt unterstützt beim Onboarding in den Dataspace. Die SmartLivingNEXT Toolbox liefert technologisch notwendige Ergänzungen wie eine standardisierte Semantik (SENSE WoT), KI-basierte Basisdienste und erforderliche Konnektoren. Auch die Rolle der sog. „Satellitenprojekte“ wurde präzisiert: „Die Satellitenpartner entwickeln lauffähige digitale Services im Ökosystem“, so Michael Schidlack. „Sie sorgen damit für die notwendige technische und wirtschaftliche Skalierung des Ökosystems. Es ist unser Ziel, nach Ende der Förderphase eine kritische Masse von Anwendungen zu überschreiten, ab der das Ökosystem eine selbsttragende Größenordnung erreichen kann.“
Projektbüro: Zentrale Anlaufstelle für alle Projekte zu allen Fragen
Auch organisatorisch bietet das Leitprojekt durch die Einführung eines Projektbüros wertvolle Unterstützung. Dr. Birgit Fröhler, Forschungsvereinigung Elektrotechnik beim ZVEI e. V. und SmartLivingNEXT Projektbüroleitung erläuterte die Vorteile. Das Projektbüro ist universeller Frontend-Ansprechpartner für die gesamte SmartLivingNEXT Community, darunter auch assoziierte Partner und externe Interessenten ohne Status.
Vertiefte Einblicke in den SmartLivingNEXT Dataspace und die Toolbox
Mit Spannung erwartet wurde der Vortrag von Thomas Feld, Materna und Teilprojektleitung für die Entwicklung des SmartLivingNEXT Dataspace und der Toolbox. Er zeigte, wie das Datenökosystem SmartLivingNEXT aus einer Vielzahl unterschiedlicher Dataspaces, z.B. gespeist von Daten der ins Projekt integrierten Gebäude und Quartiere der Wohnungswirtschaft, spezifische Datenräume mit Energiedaten, Hersteller Clouds und Systemwelten entsteht und welche Komponenten im SmartLivingNEXT Dataspace vorhanden sind. Als offene Datenplattform konzipiert, beinhaltet er standardisierte, semantische Datenmodelle, die über Interfaces allen Teilnehmern zugänglich sind. „SmartLivingNEXT Projekte können zur Verfügung stehende Datenquellen verschiedener Herkunft über den Sense WoT Standard unter der Maßgabe der DSGVO und des EU-Data Acts projektübergreifend zusammenführen und miteinander teilen“, so Feld. Zum jetzigen Zeitpunkt könne man den Dataspace als Minimal Viable Product (MVP) – Lösung zugänglich machen und so erste erfolgreich erreichte Meilenstein im Leitprojekt verbuchen.
Smart-Living-Ökosystem im Kontext der Anwendenden
Im Anschluss an den technischen Teil informierte Birgid Eberhardt über die unterschiedlichen Rollen der GSW Sigmaringen als Stellvertreterin der Wohnungswirtschaft und ihrer Mietenden. “Menschen, die sich zur Mitarbeit und zum Testen in Forschungsprojekten zur Verfügung stellen, sind nicht nur Datengebende, sondern Mitforschende, die Wissen generieren und mit Ergebnissen gesellschaftliche Veränderungsprozesse in Gang bringen“, konstatierte Eberhardt. Im SmartLivingNEXT Leitprojekt stehe sie und ihr Team deswegen als Partnerin für Anwendungen in Hinblick auf die digitale Barrierefreiheit, ethische Aspekte und Diskriminierung zur Verfügung.
Strategische Elemente der Governancestruktur
Die Ludwig-Maximilian-Universität München untersucht in SmartLivingNEXT die Gestaltung von Geschäftsmodellen digitaler Ökosysteme und entwickelt bis zum Projektende ein Rahmenwerk für deren Management. Prof. Dr. Thomas Hess präsentierte die Herangehensweise, die von der Aufarbeitung relevanter Forschungsstränge zu Datenräumen und -ökosystemen, über Experteninterviews bis hin zur Einbindung juristischer Expertise für rechtliche Aspekte reicht. Dabei beschäftigt sich das achtköpfige Wissenschaftsteam beispielsweise mit Fragen wie sich Entscheidungsgewalt und Mitbestimmungsrecht verteilen könne, welche Rechtsform am besten die angestrebten Ziele unterstütze oder wie das SmartLivingNEXT Ökosystem am Ende der Laufzeit und damit Auslaufen der Fördermittel effektiv betrieben und langfristig finanziert werden könne.
Begleitforschung unterstützt auf breiter Front
Eröffnet wurde der zweite Teil der Veranstaltung durch die Vorstellung der Begleitforschung und deren Aufgaben. Jonas Herzer vom VDI/VDE IT unterstrich die Bedeutung der Begleitforschung bei der Unterstützung öffentlich geförderter Projekte für die erfolgreiche und effiziente Umsetzung der angestrebten Projektziele. Gemeinsam mit den Konsortialpartnern aller SmartLivingNEXT Projekte wolle man Synergieeffekte heben und die gewonnenen Ergebnisse im Sinne einer nachhaltigen Verwertung für weitere gewünschte Zielgruppen des Programms aufbereiten, so Herzer. Ähnliche Unterstützung bekommen die Projekte auch von der Technopolis Group, die u.a. das Potenzial digitaler Technologien für die „Grüne Transformation“ und Umweltauswirkungen der steigenden Nutzung digitaler Technologien untersucht, wie Lea Rabe erläuterte. Den Abschluss der Begleitforschung machte Ute Rosin, LHLK Group, die gemeinsam mit der Forschungsvereinigung Elektrotechnik beim ZVEI e. V. für die Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit von SmartLivingNEXT verantwortlich ist.
SmartLivingNEXT Projekte überzeugen mit Präsentation ihrer Use Cases
Im Anschluss daran wurden acht spezifische Use Cases aller SmartLivingNEXT Projekte präsentiert. Filip Milojkovic, Materna, und Alexander Löffler, Stadtwerke Saarbrücken, stellten den ersten von zwei Use Cases des SmartLivingNEXT Leitprojekts mit dem Titel „Energie – Wärme, Warmwasser und Elektrizität“ vor. Sie zeigten, wie über einen nationalen Datenzugriffspunkt Mehrwerte aus Messdaten für Endnutzende, Vermieter und die öffentliche Hand entstehen. Des Weiteren gaben sie Einblicke, wie die Digitalisierung von Prozessen durch generative KI in SmartLivingNEXT angestrebt und durch eine Mobile- und Web-App umgesetzt werden soll. Zum Abschluss des Vortrags wurde dann noch eine konkrete Anwendung präsentiert. Durch das mit Unterstützung des Konsortialpartner Novus entwickelte Energieeffizienzdatenportal EEDP lassen sich bereits in der frühen Projektphase Wärmeprognosen über die bauphysikalischen und anlagentechnischen Eigenschaften der Gebäude ableiten.
Use Case Lebensraum und Gesundheitsstandort Wohnung
Wie Assistenzbedürfnisse über den Stromverbrauch und Mustererkennung abgeleitet werden, präsentierte Svenja Falkowski, C&S Software. Möglich wird der sog. „Still Alive“ -Service durch die Kombination von intelligenten Sensoren, gelabelten Daten, und dem SmartLivingNEXT Dataspace. Der Vorteil: Wohnungen kommen weitestgehend mit bereits vorhandenen Installationen und Sensoren aus. Auch die Bedienung neuer Geräte ist für ältere Menschen nicht nötig.
Intelligente Planung von Pflege und Umbaumaßnahmen
In BIM-4-CARE wird das Erfahrungswissen aus der Pflege und die verschiedenen Sichtweisen relevanter Akteure bei der Wohnungsumgestaltung erfasst und harmonisiert. Mit dem Projekt soll die Planung des Pflegebedarfs, Umbaumaßnahmen sowie fachliche Umsetzung und Interoperabilität von Systeminstallationen verbessert werden. „Wir sind begeistert von der Vielfalt und dem Potenzial von SmartLivingNEXT, das wir heute den ganzen Tag über gesehen haben“, sagt Konstatin Krahtov, CEO der Open Experience GmbH und Konsortialleitung von BIM-4-CARE. „Diese Projekte repräsentieren ein breit gefächertes Engagement für technologische Spitzenforschung und Innovation.“
COMET: Daten selbstbestimmt verwalten
Das zum Leitprojekt gehörende Projekt COMET erhebt (gelabelte) Nutzerdaten und entwickelt eine Crowdsourcing-App, mit der die Verwaltung von Datenzugriffsberechtigungen und Datenbereitstellung ermöglicht wird. Damit lassen sich auch individuell zugeschnittene Informationen und Statistiken (bspw. in Bezug auf den Energieverbrauch) abrufen. „Im Projekt entwickeln und implementieren wir Mechanismen des Consumer Empowerments, die Konsumentinnen und Konsumenten selbstbestimmt entscheiden lassen, welche Daten sie bereitstellen möchten und wie diese genutzt werden sollen,“ stellt Dr. K. Valerie Carl von der Goethe Universität Frankfurt am Main und Konsortialleitung bei COMET in Aussicht. „Konsumentinnen und Konsumenten sollen zukünftig die Möglichkeit erhalten, am SmartLivingNEXT Ökosystem als Data Owner zu partizipieren und so ihre Daten freiwillig bereitstellen können.“
Unterstützung für Pflegepersonal: Assistenz-Dataspace
Im Fokus des Forschungsprojekte DuITeasy stehen der Aufbau eines Assistenz-Dataspace (ADS), sowie darauf aufbauende Anwendungen und Basisservices. Dieser ADS enthält alle für die individuellen Assistenzleistungen notwendigen Daten, Schnittstellen und Systeme. Der Use Case Alltagsassistenz nutzt den ADS zur Realisierung interner und externer Services und integriert hierfür unterschiedlichste Systemwelten. Im Rahmen des Use Cases Aktivitätserkennung wird der entsprechende Basisdienst durch iMSys-Daten und NILM-Verfahren angereichert.
Lösungsansatz gegen den Fachkräftemangel bei Pflegepersonal
Der Fokus von ExpliCareNEXT liegt auf der Vereinfachung der Pflegeprozesse und soll Personalengpässe durch eine technische Assistenzausstattung in der Wohnumgebung und künstlicher Assistenz entspannen, indem ungelernte Kräfte durch natürlichsprachliche Handlungsanleitungen befähigt werden, Pflegetätigkeiten mit hoher Qualität durchzuführen. Dies soll dem in Deutschland immer größer werdenden Fachkräftemangel entgegenwirken. „Die Auftaktveranstaltung von SmartLivingNEXT markiert für uns den Beginn eines wichtigen Projektes, bei dem wir die Möglichkeit haben, an der Lösung einer großen gesellschaftlichen Herausforderung mitzuwirken und in Kombination mit weiteren wegweisenden Projekten die Pflege und das Wohnen der Zukunft entscheidend mitzugestalten“, so Enrico Löhrke, Geschäftsführer der inHaus GmbH und Konsortialleitung bei ExpliCareNEXT.
Smartes Energiemanagement soll Klimaneutralitätsziele unterstützen
Mit FAME4ME werden die Möglichkeiten der Nutzung von KI-gestützten Algorithmen beim nachhaltigen Energiemanagement in smarten Wohn- und Gebäudeumgebungen analysiert. Insbesondere wird untersucht, wie verschiedene Nutzergruppen auf individualisierte dynamische Stromtarife reagieren. „Im Projekt werden wir Kundengruppen und Anwendungsfälle definieren, für die eine nutzerfreundliche Plattform entworfen wird, um später Preissignale und Handlungsempfehlungen zu kommunizieren,“ erklärt Christoph Kost vom Institut für Solare Energiesysteme ISE der Fraunhofer-Gesellschaft und Konsortialleitung bei FAME4ME. Das Vorhaben unterstützt die übergeordneten Klimaneutralitätsziele, den effizienten Einsatz von Ressourcen und Anwendungen von innovativen Digitalisierungstechnologien.
Gesundheitsorientiertes Wohnen für ältere Menschen
Innerhalb des Projektes GAiST sollen mehr als 30 Wohnungen über einen Zeitraum von 24 Monaten mit Sensoren ausgestattet und so gesundheitsrelevante Informationen gesammelt und analysiert werden. Diese werden an die SmartLivingNEXT Plattform und ein Krankenhaus-Informationssystem (KIS) angebunden. So können Patienten, Pflegende und Ärzte in ihren Tätigkeiten unterstützt werden, um das Leben in den eigenen vier Wänden lebenswerter zu gestalten. „Die Zusammenführung von Künstlicher Intelligenz, fortschrittlicher Sensorik und Smart-Home-Komponenten soll ein gesundheitsorientiertes Wohnen fördern, das den Bedürfnissen älterer Menschen gerecht wird und ihnen hilft, Herausforderungen im Alltag besser zu bewältigen,“ verspricht Nizar Müller vom Hospital zum Heiligen Geist und Konsortialleitung bei GAiST. Durch Einsatz von Open Source und medizinischen sowie industriellen Standards zielt das Projekt auf eine Reduktion der Kosten und des Personalbedarfs im Gesundheitswesen ab.
Die Auftaktveranstaltung von SmartLivingNEXT markiert einen wichtigen Meilenstein, um gemeinsam mit allen Stakeholdern der SmartLivingNEXT Community am geteilten Datenraum und nachhaltigen, intelligenten Services für Wohngebäude zu forschen. Denn mit knapp 60 Konsortialorganisationen entsteht der bislang größte Forschungsverbund für Smart-Living-Services. Das dieses innovative Vorhaben auch ungeahnte Auswirkungen auf die Zukunft des Wohnens, insbesondere bei den Themen Energieeffizienz und intelligenter Assistenz haben wird, darin waren sich alle Anwesenden einig.
Redaktion:
Maximilian
Metzner
Kategorie:
SmartLivingNEXT
Copyrights
MAREN STREHLAU Photography
Bleiben Sie informiert über die neuesten Entwicklungen rund um SmartLivingNEXT: