„SmartLivingNEXT schafft die Voraussetzungen, um die Smart-Living-Domäne als Ganzes in Deutschland und in der EU zu stärken.“

13. August 2024

Lesedauer:

7 Minuten

Im Interview spricht Thomas Feld über die Entwicklung datengetriebener Geschäftsmodelle, die Besonderheit des SmartLivingNEXT Ökosystems und die Erfolgsaussichten für die Verstetigung nach Ende der Förderphase.

Thomas Feld, Materna

Herr Feld, Sie sind ein Fachexperte für datengetriebene Geschäftsmodelle und digitale Services. Wie beurteilen Sie die Entwicklung europäischer Dataspace-Initiativen, insbesondere im Bereich Smart Living?

Wer die rasante Entwicklung der europäischen Dataspace-Initiativen verfolgt, weiß: Schlussendlich wird es in der Smart-Living-Community einen Wettbewerbsvorteil für einen Akteur bedeuten, wenn er an den Smart-Living-Datenraum angeschlossen ist und dadurch datengetriebene Geschäftsmodelle mit anderen Teilnehmern umsetzen kann. In der Bündelung der Kräfte liegt das enorme Potenzial. SmartLivingNEXT schafft die Voraussetzungen, um die Smart-Living-Domäne als Ganzes in Deutschland und in der EU zu stärken. Einzelne Unternehmen wären autark dazu nicht in der Lage. Die Adaption der in SmartLivingNEXT generierten Muster für Geschäftsmodelle auf weitere Domänen-Ökosysteme führt aus Maternas Sicht zu neuen Impulsen für die Zusammenarbeit und zu einer größeren Widerstandsfähigkeit innerhalb der deutschen und europäischen Wirtschaft. 

Materna realisiert seit vielen Jahrzehnten Projekte im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie. Seit August 2023 ist das Unternehmen Konsortialpartner im SmartLivingNEXT Leitprojekt. Warum engagiert sich Materna bei einem Verbundforschungsprogramm?         

Neue Erkenntnisse erwarten wir vor allem im Zusammenspiel der innovativen Gaia-X-konformen Software- und Systemarchitekturen und auch bei etablierten, aber siloartig organisierten Datenquellen, aus denen Sensor- und Nutzungsdaten ermittelt werden. Die Entwicklung entsprechender Blueprints zur Anbindung von Daten-Backendsystemen sowohl aus Cloud-Infrastrukturen als auch aus lokalen Edge-Systemen werden wertvolle Ergebnisse sein, die zu weiteren zukünftigen Rollouts führen. Diese Blueprints werden im Rahmen der SmartLivingNEXT Toolbox der Allgemeinheit organisations- und standortübergreifend zur Verfügung gestellt werden. 

Vor allem in der Zusammenarbeit mit dem DFKI erwarten wir darüber hinaus neue Erkenntnisse in der Auswertung von Smart-Living-Daten durch moderne KI-Methoden, die in weiteren Szenarien und Use Cases eingesetzt werden können. Diese Erkenntnisse werden sich auf weitere Domänen, wie beispielsweise Mobilität, Sicherheit und Resilienz oder Manufacturing übertragen lassen und dort entsprechenden Nutzen generieren. Im Rahmen des SmartLivingNEXT Leitprojekts ist eine Ausarbeitung des Systemkonzepts entstanden, das eine Leitlinie und den Referenzrahmen für die künftige technische Entwicklung des SmartLivingNEXT Dataspaces und der angestrebten Governance-Struktur bietet. Das Systemkonzept sowie das bereits zuvor bereitgestellte Whitepaper kann man über das Projektbüro kostenfrei anfordern. 

SmartLivingNEXT will verschiedene Marktteilnehmer zusammenzuführen, woraus sich neue Geschäftsmodelle ergeben können. Worin liegt die Besonderheit des SmartLivingNEXT Datenökosystems im Vergleich zu herkömmlichen Plattformen? 

Es ist notwendig, in kurzer Zeit Vertrauen zu generieren, relevante Teilnehmer aufzunehmen und Regeln zu definieren. Nur unter diesen Voraussetzungen werden weitere Akteure zur Teilnahme am Datenraum motiviert. Insbesondere die initiale Größe eines solchen Ökosystems ist für die Erfolgswahrscheinlichkeit ausschlaggebend, sowie die Strahlkraft, die ein solches Vorhaben generiert. Das ist beim SmartLivingNEXT Datenökosystem vorhanden. So ist es aus unserer Sicht in der Lage, die zunächst gegenläufig erscheinenden Ziele von Individualität der Anforderungen der Teilnehmer auf der einen Seite und Generalisierbarkeit, Adaptierbarkeit, Skalierbarkeit und Souveränität auf der anderen Seite zu vereinen. Zudem sind zahlreiche Impulse für Mehrwert- und Nutzenbetrachtungen, sprich: maximale Praxisrelevanz, zu erwarten, die neuartige Geschäftsmodelle ermöglichen.

Praxisnähe ist ein wichtiges Stichwort. Eine drängende Frage der Energiewende betrifft die Sektorenkopplung. Dies bezieht Akteure aus der Wohnungswirtschaft und private Haushalte ein. Materna engagiert sich auch bei der konkreten Umsetzung im Use Case Energieeffizienz. Worum geht es dabei und welche Motivation steckt dahinter, sich hier zu beteiligen?

Im Use Case Energieeffizienz des Leitprojekts ist geplant, einen “nationalen Zugangspunkt” für Energieeffizienz im Bereich Wohnen zu schaffen. Dadurch wird die Entwicklung anbieterunabhängiger, systemübergreifender Lösungen möglich und der Wettbewerb in diesem Bereich gestärkt. Endkunden erhalten bei sichergestellter Datensouveränität direkten Zugang zu den Mehrwerten, die ein Dataspace ermöglicht. Das ist nicht nur ein Vorteil für die Verbraucher selbst und im Zusammenspiel mit den föderierten Services auch für Energieversorger, Wohnungswirtschaft und kommunale Services. Es ist auch wichtige Voraussetzung dafür, im Ökosystem die kritische Masse an Interaktionen und Endnutzern zu gewinnen, die für die skalierende Verwertung notwendig ist. 

Blicken wir noch etwas weiter in die Zukunft. Über die Projektlaufzeit hinaus soll der SmartLivingNEXT Dataspace nach den Vorgaben des EU-Data Act verstetigt werden, d.h. eine konkrete Markteinführung folgen. Welche Rolle kann Materna hier spielen? 

Wir erwarten erhebliche wirtschaftliche Vorteile von einem Datenraum Smart Living für alle Akteure – auch aus der Industrie, der Wohnungs-, Verkehrs- und Energiewirtschaft und der der öffentlichen Verwaltung. Deswegen planen wir im Anschluss an das Technologieprogramm den nachhaltigen Betrieb und Ausbau des SmartLivingNEXT Dataspace für das durch das Gesamtvorhaben geschaffene Ökosystem. Vorbild ist der Mobilitätsdatenmarktplatz, der von Materna für die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) und alle Akteure im Bereich Mobilität erfolgreich umgesetzt wurde und betrieben wird. Die Erweiterung des SmartLivingNEXT Ökosystems um weitere relevante Marktteilnehmer aus den Domänen Energie, Wohnungswirtschaft, Mobilität und öffentliche Verwaltung besitzt dabei für Materna hohe Priorität, um den Datenraum fest in den Wertschöpfungsketten der Teilnehmer zu verankern und weitere Nutzenszenarien zu generieren. 

Potenzielle Erfolgsaussichten sind eine bessere Effizienz bei der Erhebung von Daten für die verschiedenen Themenfelder wie Energie, Sicherheit und Assistenz, Kosteneinsparungen bei Integration, Wartung und dem Betrieb von Smart-Living Technologien und neue Geschäftsmöglichkeiten für Beratungs- und IT-Dienstleistungen für den Aufbau von souveränen Dateninfrastrukturen und Cloud Lösungen. 

Herr Feld, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Artikel im Audio-Format:

Redaktion:

Maximilian

 Metzner

Kategorie:

Leitprojekt

SmartLivingNEXT

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