Assoziierte Partner gestalten die Zukunft des SmartLivingNEXT-Datenraums
2. Juli 2025
Lesedauer:
8 Minuten
Um gezielt potenzielle Partnerinteressen einzubinden, organisierte das SmartLivingNEXT Leitprojekt am 25. Juni 2025 in den Räumlichkeiten der VDI/VDE Innovation + Technik GmbH in Berlin einen interaktiven Workshop. Zahlreiche assoziierte Partner nutzten hier die Gelegenheit, sich vertieft mit der künftigen Ausrichtung des gemeinsamen Datenraums auseinanderzusetzen und eigene Perspektiven in die Gestaltung einzubringen. Im Fokus standen dabei zentrale Fragen wie beispielsweise mittelständische Unternehmen und Startups vom Datenraum profitieren können und welche datenbasierten Services echte Gamechanger für den Markt sein könnten.

Rahild Neuburger von der LMU München moderierte gemeinsam mit Michael Schidlack, Forschungsvereinigung Elektrotechnik (FE) beim ZVEI e. V. und Konsortialleiter im SmartLivingNEXT Leitprojekt, den Workshop. Mit dem Titel „Vom Partner zum Mitgestalter – Perspektiven auf das SmartLivingNEXT-Ökosystem“ bot sich ein intensiver Austausch zu organisatorischen, technischen, strategischen und geschäftsmodellbezogenen Fragestellungen. Nach Begrüßung und Einführung in das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) mit 25 Millionen Euro geförderten Forschungsprojekt stellte Schidlack die aktuelle Strategie sowie die Perspektiven des Datenraums vor. Fanni Vespermann von Materna präsentierte die technischen Grundlagen des Dataspace. In einer anschließenden Fragerunde wurden zentrale Begriffe wie geteilter Datenraum und Governance gemeinsam geschärft, Informationslücken geschlossen und Erfahrungen der Teilnehmenden aus vergleichbaren Projekten aufgegriffen.
Im ersten Arbeitsblock stand die Frage im Mittelpunkt, was Unternehmen benötigen, um von einem Datenraum zu profitieren. Die Teilnehmenden diskutierten, welche Dataspaces für ihre Geschäftsmodelle besonders wertvoll wären, welche Anforderungen sie an Datenqualität und -verfügbarkeit stellen, welche Services sie sich wünschen und unter welchen Bedingungen eine Beteiligung für sie wirtschaftlich sinnvoll wäre. Im zweiten Arbeitsblock lag der Fokus auf der Entwicklung konkreter Use Cases in Kleingruppen. Hier wurden Ideen entwickelt, Herausforderungen identifiziert und vier datenbasierte Use Cases mit Vermarktungsperspektive erarbeitet. Die Ergebnisse wurden anschließend im Plenum gebündelt und gemeinsam reflektiert.

Use Case 1 “Energie”: Dynamische Strompreise entlasten das Netz
Steigende Netzengpässe im Verteilnetz führen zu höheren Kosten und werfen die Frage auf, wer diese trägt: Netzbetreiber, Energieversorger oder Anschlussnehmende. Der Netzausbau allein reicht jedoch nicht mehr aus, um die Energiewende zu stemmen. Gefragt sind digitale Lösungen und neue Anreizmodelle. Dessen waren sich alle Teilnehmenden des Workshops sicher.
Daher sollen zukünftig dynamische Strompreise, die sich an der Netzbelastung orientieren, für mehr Flexibilität sorgen. Der Strompreis steigt bei Engpässen und sinkt bei freier Kapazität. Das motiviert Verbraucherinnen und Verbraucher, ihren Energieverbrauch anzupassen. Wichtige Voraussetzung dafür sind Energiemanagementsysteme (EMS), die Preissignale verarbeiten, Daten aus Photovoltaikanlagen (PV) und Verbrauchseinrichtungen integrieren und daraus intelligente Steuerungsentscheidungen ableiten.
Christof Wiedmann, Energy Journey Consultant, Fenecon GmbH/ Vorstand OpenEMS Association: „EMS werden damit zur Schaltzentrale für die Energiewende im Gebäude. Systeme wie OpenEMS oder Komponenten aus der Home-Energy-Initiative sind bereits verfügbar, jedoch noch nicht vollständig interoperabel. Der Handlungsdruck wächst, auch beim Thema Energy Sharing, dessen rechtliche Umsetzung in Deutschland noch offen ist. Die Technik ist da, der rechtliche Rahmen entwickelt sich. Jetzt braucht es Tempo bei der Implementierung. EMS bieten ein großes Potenzial für eine netzdienliche, digitale Energiezukunft.“
Use Case 2 “Digitaler Lebensmanager”: Selbstbestimmt leben mit digitalen Assistenten
Der im Workshop entwickelte zweite Use Case „Digitaler Lebensmanager“ zielt auf ein modulares Assistenzsystem für ältere oder chronisch erkrankte Menschen. Es verknüpft intelligent Gesundheits-, Alltags- und Versorgungsdaten, um personalisierte Empfehlungen zu geben, Selbstbestimmung zu fördern und soziale Teilhabe zu stärken. Das System basiert auf dem SmartLivingNEXT-Datenraum, arbeitet interoperabel mit offenen Standards und wahrt darüber hinaus die Datenhoheit der Nutzenden. Es integriert unter anderem medizinische Informationen, SmartHome-Daten, Einkaufs- und Freizeitangebote sowie digitale Aktivitätsmuster. Ziel ist ein ganzheitliches, vertrauenswürdiges Ökosystem, das Versorgungslücken früh erkennt, kommunale Angebote smarter macht und datenbasierte Innovation ermöglicht.
Udo Scalla, Geschäftsführer CorDev GmbH: „Ambient Assisted Living (AAL) ist kein rein technisches, sondern vor allem ein soziales Thema: Es geht darum, mit Hilfe von Daten echte Lebensqualität im Alter zu ermöglichen. SmartLivingNEXT zeigt, wie datensouveräne Lösungen, die in Europa bleiben, den Menschen wirklich helfen.“

Use Case 3 “Digitale Gebäudeakte”: Effizienter verwalten, schneller entscheiden
Die „Digitale Gebäudeakte“ soll Eigentümerinnen und Eigentümern eine zentrale, stets aktuelle Datenbasis rund um ihre private, gewerbliche oder institutionelle Immobilie bieten. Ziel ist es, Prozesse wie Verkauf, Sanierung oder Förderanträge zu vereinfachen und zu beschleunigen. Statt Informationen mühsam zusammenzutragen, liegen alle relevanten Daten, wie etwa die Bauakte, der Energieausweis oder die Sanierungshistorie, gebündelt in einer digitalen Akte vor. Beim Eigentümerwechsel kann diese als digitales Asset weitergegeben werden.
Auch für Kommunen kann die Akte wertvoll sein: Im Rahmen der Wärmeplanung könnten sie freiwillig, datensouverän und mit konkreten Gegenleistungen wie Förderberatung gezielt Energieverbrauchsdaten anfragen. Die technische Basis bildet eine Meta-Plattform mit offenen Schnittstellen, die vorhandene Systeme integriert und auch für Eigentümerinnen und Eigentümer ohne eigene Software einfach nutzbar ist.
Use Case 4 “Zertifizierung”: Mit einheitlichen Standards Vertrauen schaffen
Im SmartLivingNEXT-Datenraum soll ein zuverlässiges Zertifizierungsmodell für Anbieter und Services entstehen, das technische, organisatorische und sicherheitsrelevante Anforderungen zusammenführt. Ziel ist es, Vertrauen zu schaffen, ohne Innovationen auszubremsen. Grundlage dafür sind einheitliche Standards, die kontinuierlich weiterentwickelt und an regulatorische Vorgaben angepasst werden. Anbieter sollen genau wissen, welche Rolle sie im Datenraum übernehmen können und welche Anforderungen sie dafür technisch und organisatorisch erfüllen müssen.
Der Zertifizierungsprozess soll automatisierte, KI-gestützte Vorprüfungen mit menschlicher Kontrolle in sicherheitskritischen Bereichen kombinieren. Ein transparentes Lizenzmodell sorgt dafür, dass sowohl kommerzielle als auch gemeinwohlorientierte Akteure einbezogen werden können. Der Zertifizierer selbst soll unabhängig agieren, zwischen Wirtschaft und Regulierung vermitteln und langfristig auch auf europäischer Ebene als vertrauenswürdiger Ansprechpartner fungieren. Durch gestaffelte Gebühren wird der Betrieb des Systems gesichert, ohne neue Bürokratie zu schaffen. Die Teilnehmenden unterstrichen im Workshop einen pragmatischen Ansatz mit einem effektiven Verfahren, nachvollziehbaren Prüfungen und einer starken Governance-Struktur für ein leistungsfähiges digitales Ökosystem der Smart-Living-Branche.
Interesse an aktiver Beteiligung des SmartLivingNEXT-Datenraums sehr hoch
Der Workshop schloss mit einer gemeinsamen Abschlussrunde, in der Beteiligungsmöglichkeiten, nächste Schritte und die Perspektive eines Realbetriebs im Herbst 2027 diskutiert wurden. Schidlack: „Im Workshop wurde vor allem deutlich, dass das Interesse unserer assoziierten Partner an einer aktiven Mitgestaltung eines gemeinsamen, offenen Datenraumes mit dem Fokus auf Interoperabilität, Nutzerzentrierung und digitale Souveränität sehr hoch ist. Viele sehen konkrete Anknüpfungspunkte für eigene Geschäftsmodelle, strategische Kooperationen und eine langfristige Rolle im KI-gestützten-Ökosystem. Die im Workshop gewonnenen Impulse fließen nun direkt in die weitere Ausarbeitung der Governance-Struktur und Konzepte für einen Realbetrieb ein.”
Artikel im Audio-Format:
Redaktion:
Ilka
Klein
Kategorie:
Leitprojekt
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