„Gebäudedigitalisierung wird zukünftig der Grundbaustein für eine nachhaltige, sichere und bezahlbare Energieversorgung sein.“ 

10. September 2025

Lesedauer:

6 Minuten

Das Kompetenzzentrum Energieeffizienz durch Digitalisierung (KEDi) – ein Projekt der Deutschen Energie-Agentur (dena) – unterstützt die Gebäudewirtschaft dabei, Energieeffizienzpotenziale mittels Digitalisierung besser zu erschließen. Wir sprechen mit Dr. Marcus Rackel, Fachbereichsleiter Gebäude im KEDi, über die Digitalisierung im Gebäudesektor sowie über die Motivation zur Mitwirkung an SmartLivingNEXT.

Dr. Marcus Rackel, Fachbereichsleiter Gebäude im KEDi, berichtet im Interview über die Digitalisierung im Gebäudesektor sowie über die Motivation zur Mitwirkung an SmartLivingNEXT.

Herr Dr. Rackel, wann ist für Sie ein Gebäude energieeffizient?

Diese Frage ist gar nicht so pauschal zu beantworten, da Gebäude sehr individuell zu betrachten sind. Neben dem Standort, Baujahr und Gebäudetyp sind die Nutzung sowie die anliegende Infrastruktur immer zu beachten, sodass es sehr schnell sehr komplex werden kann. Zunächst sollte für alle Gebäude eine Effizienzsicherung im aktuellen Sanierungszustand gewährleistet sein. Denn auch in Gebäuden mit einer älteren Anlagentechnik sind häufig Effizienzpotenziale wie die Absenkung der Vorlauftemperaturen und Anpassung der Zirkulationsintervalle zu heben. Hierbei sind digitale Monitoringsysteme mit anschließender Optimierung sehr hilfreich. In den nächsten Stufen folgen dann Sanierungsmaßnahmen an der Anlagentechnik (z. B. Einbau einer Wärmepumpe) sowie ggf. an der Gebäudehülle, sodass schlussendlich das Ziel der Klimaneutralität erreicht wird. 

Wie bewerten Sie aktuell den Stand der Digitalisierung im Gebäudesektor in Deutschland? Und wo stehen wir im Vergleich zu anderen Ländern?

Zunächst sollten wir schauen, was man unter Digitalisierung des Gebäudesektors versteht. Die digitale Wertschöpfung beginnt immer beim Thema Daten. Hier sind wir in Deutschland nicht gerade Vorreiter, d. h. wir haben keine ausreichende Datengrundlage, um zum Beispiel die Energieversorgung von Gebäuden zu monitoren und zu optimieren.

Welche innovativen Lösungen im Bereich Smart Buildings halten Sie für besonders vielversprechend? 

Technisch existieren sehr viele innovative Lösungen, wobei man auch erkennt, dass wir hier nicht über Raketentechnik sprechen. Wichtig ist, dass ich mir zunächst Gedanken über die Verwendung machen sollte. Was möchte ich eigentlich erreichen? Welche Lösungen gibt es bereits? Meines Erachtens existieren derzeit für nahezu alle Problemstellungen Lösungen. Hier ist die Herausforderung gute und passende Lösungen zu finden. 

Welche Herausforderungen bestehen aktuell für die Marktakzeptanz von Smart-Living-Technologien? 

Aktuell ist der Nutzen bzw. sind die Mehrwerte digitaler Lösungen im Gebäudesektor nicht überall bekannt und/oder Digitalisierung wird als ein sehr komplexes Themenfeld betrachtet. Daher trauen sich häufig vor allem kleinere Akteure nicht an die neuen Technologien ran und betrachten diese nicht als Chance. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass viele neue Anbieter existieren und es somit sehr unübersichtlich am Markt ist. Hier sind dann wieder vorrangig kleinere Unternehmen betroffen, da deren Ressourcen häufig nicht für eine individuelle Filterung ausreichen. 

Inwiefern können Künstliche Intelligenz (KI) und IoT (Internet of Things) zur Effizienzsteigerung von Gebäuden beitragen? 

Der effiziente Umgang mit Gebäudedaten zur energetischen Optimierung sowie Schaffung weiterer Mehrwerte ist eine große Herausforderung. Hier können KI-optimierte Algorithmen zum Tragen kommen. Vor allem für individuelle bzw. gebäudespezifische Lastprognosen können die gesammelten Daten sinnvoll sein. Sie ermöglichen zum Beispiel einen vorausschauenden und somit energieeffizienten Betrieb der Anlagen. So könnte eine Wärmepumpe bei bestimmten Wetterprognosen das Gebäude und den Wärmespeicher bereits in der Nacht bei einem günstigen Strompreis „vorwärmen“. Der genaue Zeitraum sowie die eingesetzte Energiemenge sind genau auf den Bedarf abgestimmt, sodass der kostengünstigste Fall angestrebt wird. 

Das KEDi ist seit kurzem assoziierter Partner von SmartLivingNEXT. Welche Erwartungen haben Sie an diese Partnerschaft und welche Synergieeffekte erhoffen Sie sich? 

Wir möchten, dass die Themen Interoperabilität, Schnittstellen und Datenkommunikation zukünftig keine Hemmnisse bei der Digitalisierung von Gebäuden sind. Mit unserem Praxisblick bzw. dem direkten Kontakt zu den Nutzenden können wir gemeinsam an Lösungen arbeiten und diese besser in den Markt treiben. Ich glaube, dass hier ein enormes Potenzial steckt. 

Welche politischen und wirtschaftlichen Maßnahmen sind notwendig, um digitale Innovationen im Gebäudesektor schneller in die Breite zu tragen? 

Obwohl es bereits zahlreiche Angebote digitaler Gebäudetechnik gibt, wird sie in der Wohnungswirtschaft bislang nur wenig genutzt. Daher hat das KEDi in einer Studie untersuchen lassen, wie Geschäftsmodelle im Bereich der Gebäudeautomation die Herausforderungen und Bedürfnisse von Kunden und Mietenden adressieren. Die Studie zeigt auf, dass es bereits ein vielfältiges Angebot an Produkten, Dienstleistungen und Beratungsangeboten für Gebäudeautomation gibt und dass sich dieses weiter ausdifferenziert. 

Wenn Sie einen Blick in die Zukunft werfen: Wie sehen smarte und nachhaltige Gebäude in zehn Jahren aus? 

Gebäude werden in Zukunft – vielleicht noch nicht alle in zehn Jahren – aktive Player im Energiesystem sein. Als Flexumer werden sie einen wesentlichen Beitrag zur Energienutzung, -bereitstellung und -speicherung leisten. Das alles zusammen in Einklang zu bringen, benötigt ein intelligentes Management, das nur mithilfe smarter Technologien umzusetzen ist. Gebäudedigitalisierung ist daher zukünftig der Grundbaustein für eine nachhaltige, sichere und bezahlbare Energieversorgung. 

Artikel im Audio-Format:

Redaktion:

Ilka

 Klein

Kategorie:

Leitprojekt

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