COMET und die EHW+ App: Wie aus Zählerständen schlaue Energietipps werden

19. Dezember 2025

Lesedauer:

8 Minuten

Mit der App EHW+ und dem Forschungsprojekt COMET wird aus nüchternen Energie- und Wasserzählerdaten etwas Konkretes und Nützliches: verständliche Prognosen, echte Sparchancen und ein sinnvoller Beitrag zur Forschung – ohne Datenverkauf und ohne undurchsichtige Black Box.

COMET Bild

COMET klingt erst mal nach Weltraum – hat aber ganz konkret mit deinem Alltag zu tun, wenn du Miete zahlst, Heizkosten im Blick behalten willst oder als Hausbesitzer:in endlich verstehen möchtest, wo dein Strom und Wasser eigentlich bleiben. COMET ist ein Forschungsprojekt im Rahmen des Technologieprogramms SmartLivingNEXT. Es verfolgt das Ziel, den Zugang zu Daten aus dem „Smart Living“ zu öffnen, also zu Daten, die rund um Wohnen, Energie und Alltag im Haushalt entstehen – und das auf Basis eines sicheren, europäischen Ansatzes. Im Zentrum steht die Datensouveränität der Nutzer:innen: Die Daten gehören den Personen, die sie erzeugen. Sie entscheiden selbst, ob sie ihre Daten nur für sich nutzen oder ob sie einen Teil davon anonymisiert als freiwillige Datenspende für Forschung und Entwicklung bereitstellen – jederzeit widerrufbar.

Wer sich für eine Datenspende entscheidet, ermöglicht, dass anonymisierte Verbrauchsdaten in die Forschung einfließen. Rückschlüsse auf einzelne Haushalte sind dabei nicht möglich. Auf dieser Basis können neue Lösungen für mehr Energieeffizienz und Klimaschutz entstehen. Gleichzeitig profitieren Nutzer:innen von innovativen, personalisierten Services: etwa von Prognosen und Auswertungen, die zu ihrer Wohnsituation passen und den Alltag transparenter und komfortabler machen.

Die EHW+ App ist das praktische Gesicht von COMET im Alltag. Nutzer:innen erfassen ihre Zählerstände für Strom, Heizung, Wasser und Weitere an einem Ort und erhalten eine übersichtliche Darstellung ihrer Verbräuche. Statt sich einmal im Jahr von einer Abrechnung überraschen zu lassen, lassen sich Entwicklungen laufend nachvollziehen: Steigt der Verbrauch, sinkt er, oder wirkt sich eine Änderung im Verhalten tatsächlich aus? COMET sorgt im Hintergrund dafür, dass die Prognosen und Dienste auf Basis vieler anonymisierter Datenspenden immer besser werden. So wird aus Zählerständen mehr als eine Zahl auf der Rechnung: ein Werkzeug für Transparenz und Klimaschutz auf Basis fairer digitaler Angebote in Europa.

Wie aus einer privaten Idee eine App „von Nutzern für Nutzer“ geworden ist, warum sich Tausende Menschen bereits für eine Datenspende entscheiden und wie COMET im Hintergrund für bessere Prognosen sorgt, darüber spricht EHW+-Entwickler Timo Bähr im folgenden Interview – inklusive Einblicken zu Datenschutz, technischer Umsetzung und zukünftigen Funktionen.

Herr Bähr, wie sind Sie zum SLN-Forschungsprojekt COMET gekommen?

„Im Februar 2023 wurde ich von Professor Dr. Oliver Hinz [Goethe-Universität Frankfurt] auf LinkedIn angeschrieben, der die EHW+ App selbst nutzte. Alles begann mit einem kurzen Erfahrungsaustausch und eine eventuelle Zusammenarbeit im Bereich Smart Living. Da wir mit unserem Start-up praxisnah an digitalen Lösungen für Endkunden in der Energie- und Wasserbranche arbeiten, passte die Kooperation perfekt: Forschung, Entwicklung und reale Anwendung lassen sich so sinnvoll verbinden.“

Was war die Hauptidee hinter der Entwicklung der EHW+ App? Welches Problem wollten Sie damit lösen?

„Die Idee ist und bleibt, den Energie- und Wasserverbrauch für Haushalte einfacher nachvollziehbar zu machen – ursprünglich für mich selbst. Viele Menschen haben zwar Zähler, aber keinen Überblick. Die Idee war wohl auch für andere interessant. Die Haushalte haben die App selbst über die Play Stores gesucht und gefunden. Mit der App schaffen wir Transparenz, erleichtern die Erfassung und geben Prognosen, um Einsparpotenziale sichtbar zu machen.“

Wie genau funktioniert EHW+ und was ist das Besondere an der App?

„Die EHW+ App ist eine zentrale Lösung für den Haushalt, die alle relevanten Zählerarten – Strom, Heizung, Wasser und weitere – unterstützt und in einer gemeinsamen Übersicht zusammenführt. Dadurch entsteht eine transparente Gesamtstatistik über den Energie- und Ressourcenverbrauch. Auf dieser Basis erstellen wir mithilfe von KI-Algorithmen, entwickelt im Forschungsprojekt COMET, präzise Verbrauchsprognosen. Das Besondere an EHW+ ist die Verbindung von praktischer Alltagstauglichkeit und wissenschaftlicher Forschung: Nutzer:innen profitieren direkt von der Datenspende, weil sie verbesserte Prognosen und Services erhalten. Gleichzeitig legen wir größten Wert auf Datenschutz und Transparenz – wir arbeiten anbieterunabhängig, die App bleibt auch nach einem Vertragswechsel nutzbar, und unser Fokus liegt ausschließlich auf der Auswertung von Verbräuchen und Kosten, nicht auf dem Handel mit Daten.“

Welchen Mehrwert bringt COMET EHW+? Und welchen Mehrwert bringt das wiederum den Nutzer:innen?

„COMET erstellt ein Prognose-Vorhersage-Modell für Energie- und Wasserverbräuche, basierend auf den von Nutzern übermittelten Daten. Dadurch entstehen bessere Prognosemodelle. Die Prognosemodelle werden von COMET validiert und in unregelmäßigen Abständen aktualisiert/verbessert. Nutzer:innen profitieren direkt: Sie bekommen genauere Vorhersagen und damit individuelle Hinweise, wie sich ihr Verbrauch in Zukunft entwickeln könnte.“

Wie viele Menschen spenden bereits Daten?

„Durchschnittlich gibt es 12.000 Anfragen pro Tag (alle 7,2 Sekunden eine Anfrage), wobei geschätzt 400.000 individuelle Zeitreihen übermittelt wurden. Die genaue Anzahl der Nutzer kann darauf nicht seriös geschätzt werden. Ich würde ca. 20.000 Nutzer schätzen.”

Weshalb denken Sie, spenden bereits so viele Menschen ihre Daten?

„EHW+ ist eine App von Nutzern für Nutzer. Wir schreiben die App auch für uns selbst und sind maximal transparent. Das schafft Vertrauen in EHW+. Dazu kommt, dass viele Menschen den Nutzen darin, Forschung und Entwicklung aktiv zu unterstützen, in der Hoffnung auf eine noch bessere Prognose oder innovative neue Features, für welche man sehr viele Datenspenden benötigt.“

Wie stellt die App und damit auch das Projekt COMET sicher, dass die Daten der Nutzer:innen jederzeit geschützt bleiben?

„Datenschutz ist Teil des Comet-Projekts. Wir möchten dem Gaia-X-Standard gerecht werden. Alle Daten werden DSGVO-konform verarbeitet, anonymisiert und verschlüsselt. Niemand hat Zugriff auf personenbezogene Daten ohne ausdrückliche Zustimmung der Nutzer:innen. EHW+ bietet außerdem ein Nutzerkonto mit 2-Faktor-Identifizierung an.“

Welche Möglichkeiten haben die Nutzer:innen, die Kontrolle über ihre Daten zu behalten?

„Die Nutzer:innen entscheiden jederzeit selbst, ob und welche Daten sie teilen möchten. In der App können sie ihre Einwilligungen anpassen oder widerrufen – volle Transparenz und Kontrolle sind garantiert.“

Welche weiteren Funktionen oder Erweiterungen plant ihr für die EHW+ App?

„Manuelle Ablesungen sollen künftig seltener nötig sein. Wir möchten immer mehr Smart-Home-Geräte unterstützen, um Haushalten Zugriff auf Funkzählerstände und Verbräuche zu geben. Der EU Data-Act gibt Nutzern seit Anfang September auch das Recht dazu, dass Auswertungen für vernetzte Geräte von Herstellern möglich gemacht werden müssen. Außerdem wollen wir die Abhängigkeit zu amerikanischen Diensten verringern und stattdessen die Dienste in der eigenen Cloud ausbauen. Außerdem wollen wir die Prognosemodelle stetig verbessern.“

Welche Vision habt ihr für die Zukunft des datenbasierten Energiemanagements in privaten Haushalten?

„Unsere Vision ist ein datenbasiertes Energie- und Wassermanagement, das Haushalten volle Transparenz und mehr Kontrolle gibt. Energie soll effizienter genutzt, Lastspitzen vermieden und erneuerbare Energien besser integriert werden. Wasser soll als knappes Gut verstanden werden. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Energiewende und zum Klimaschutz.“

Redaktion:

Nele

 Friedrich

Kategorie:

COMET

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